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Amiga Collections: Auge 4000
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Auge 4000 #60 (1991-08-16)(Amiga User Gruppe Einzugsgebiet 4000).zip
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Auge 4000 #60 (1991-08-16)(Amiga User Gruppe Einzugsgebiet 4000).adf
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Die Falle
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Die Falle
Wrap
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1991-11-04
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19KB
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368 lines
Die Falle
-----------
Es ist nun gut eineinhalb Jahre her, seit mein
Her Domaldro verstarb. Er war mir ein guter
Herr gewesen, ich hatte ihm in seinem großen,
fast quadratischen Haus nahe des Palastbezirkes
gedient. Damals, nach seinem Tod, kaufte ein
Geldverleiher, namens Kaldos das Haus, da ihm
sein altes, nahe den dunklen Gassen gelegenes
zu klein geworden war und er meinte, daß dieses
mehr seinem Stand Rechnung trüge.
Somit übernahm er etwa fünf Wochen nach unseres
Herren Tod das Haus, welches wir, daß heißt die
achtköpfige Dienerschaft samt meiner Wenigkeit,
voll Liebe nach seinen Wünschen eingerichtet
hatten. Doch statt daß er uns mit in den Haushalt
übernahm, entließ uns Kaldos mit den Worten, daß
seine alten Diener ihm vollauf genügten. Als wir
ihn daraufhin um den Lohn für die letzten fünf
Wochen baten, lachte er nur und erwiderte, ihn
gehe das nichts an, da er das Haus ja erst jetzt
bewohnen wolle. So gingen wir zu den Erben Domaldros,
um von ihnen den Lohn zu erhalten, doch auch diese
jagten uns fort und sagten ihrerseits, Kaldos
solle uns bezahlen. So kam es, daß ich zum Dieb
wurde.
Mein Plan war rasch gefaßt. Ich kannte als
ehemaliger Diener Domaldros jeden Winkel des
Hauses und hatte einmal während meiner freien
Zeit ein Buch gelesen, welches ich im Arbeits-
zimmer meines ehemaligen Herrn fand, hoch oben
im Regal und scheinbar längst vergessen. Es
trug den Titel " Bau und Plan des Hauses Domaldros ".
Ich hatte viel darin gelesen, doch das meiste
war mir schon bekannt. Jedoch fand ich in dem
Buch auch die Beschreibung eines Geheimgangs,
dessen einer Eingang im Arbeitszimmer lag,
während der andere sich außerhalb des mit einer
Mauer eingefriedeten Parks befand. Als mein
Herr eines Tages außer Haus war, erkundete ich
den Gang.
Der Eingang im Arbeitszimmer war gut getarnt
in den Boden eingelassen und zusätzlich mit
einem alten wertvollen Teppich aus den Süd-
landen bedeckt. Da der Teppich so kostbar war,
wagte es keiner, auf ihn zu treten, geschweige
denn, ihn anzuheben, um unter ihm den Boden
zu reinigen. Trotz der Beschreibung im Buch
suchte ich lange nach dem Hebel, der den
Mechanismus der Falltür in Gang setzte. Eine
dreiviertel Stunde suchte ich zwischen den
Büchern in den Regalen, bis ich ihn schließlich
fand. Es war ein Buch über Gartenkunde, dessen
Blätter entfernt worden waren, so daß der Buch-
umschlag den Hebel verdeckte.
Ich betätigte den Hebel. Die Falltür hob sich
mitsamt dem Teppich an. Der Geheimgang lag vor
mir. Ich zündete eine Lampe an und stieg hinab.
Unten fand ich einen zweiten Hebel, mit dem ich
die Falltür wieder verschloß. Langsam tappte ich
den Gang entlang, bis ich plötzlich vor einer
festen Eichentür stand. Sie war verschlossen.
Zum Glück hing an der Wand gut sichtbar ein
Schlüssel, mit dem sich die Tür öffnen ließ.
So gelangte ich ins Freie. Die Tür war von
Außen kaum zu erkennen, sie lag hinter dichten
Büschen in der Mauer, die den Park von Domaldros
Haus einfriedeten.
Ich ließ mir von dem Schlüssel ein Duplikat
anfertigen und hängte das Original wieder an
seinen Platz. So hatte ich einen Weg gefunden,
in das Haus zu gelangen oder es zu verlassen,
ohne daß mich jemand beobachten konnte.
Es war gut, daß ich diesen Schlüssel besaß,
denn Kaldos verlangte als neuer Besitzer sofort
alle Schlüssel von uns und ihm entging kein
einziger, denn Domaldro hatte eine genaue
Aufstellung aller an uns vergebenen Sachen
hinterlassen.
Doch zurück zu meinem Plan. Einige Wochen
nachdem Kaldos in das Haus eingezogen war,
schlich ich mich durch den Geheimgang ins
Arbeitszimmer. Ich war mir sicher, daß Kaldos,
wie mein ehemaliger Herr, sein Geld in einer
Schublade des alten schweren Schreibtisches
aufbewahrte. Es war zur Stunde der Nacht als
ich mit bangen Herzen den Hebel unter der
Bodentür betätigte.
Meine Hand war an das Heft eines Dolches gepreßt
in der Erwartung, daß Kaldos vielleicht noch
im Arbeitszimmer beschäftigt sein würde. Zu
meiner großen Erleichterung war dem nicht so,
das Zimmer lag leer im fahlen Licht de Mondes
vor mir. Mit leisen Schritten bewegte ich
mich hindurch, doch nicht erst zum Schreibtisch,
nein, mein erster Gedanke galt dem Buch über
das Haus, das ich auch oben im Regal wiederfand
und einsteckte. Ich hatte die ganze Zeit befürchtet,
daß Kaldos das Buch entdecken könnte und mit
ihm mein Geheimnis. Mein Plan wäre dann vereitelt
gewesen, noch ehe ich ihn hätte ausführen können,
doch nun war ich sicher, daß niemand so schnell
den Geheimgang finden würde.
Im Schreibtisch befand sich, wie ich vermutet
hatte, ein Säckchen voll Gold, das ich an mich
nahm als teilweise Entschädigung für den nicht
gezahlten Lohn. Bevor ich ging, legte ich noch
ein Goldstück in die Nähe der Tür, so als habe
der Dieb es dort verloren. Dann verschwand ich
durch den Geheimgang.
Bald darauf hörte ich, was sich am folgenden
Morgen im Haus zugetragen hatte. Nun werdet
Ihr fragen, auf welche Weise ich es erfuhr,
doch das ist ganz einfach. Als Diener kam ich
mit vielen Leuten des gleichen Berufsstandes
zusammen und so brachte einer von Kaldos'
Dienern es mir zu Gehör.
Kaldos soll am nächsten Morgen getobt haben
vor Wut, als er den Verlust seines Goldsäck-
chens bemerkte. Seine Diener hat er einen nach
dem anderen ins Zimmer kommen lassen und in
scharfem Ton über den Verbleib des Goldes
ausgefragt. Natürlich wußte keiner der Diener
etwas, doch ein Schuldiger mußte gefunden
werden und so entließ Kaldos einen der Diener.
Dieser arme Wicht tat mir leid, doch zu diesem
Zeitpunkt konnte ich ihm nicht helfen. Ich
beschloß aber, später auch das Gold zu holen,
das einer angemessenen Abfindung für einen
Diener entsprach und ihn dann damit auszuzahlen.
Als sich Kaldos nach einigen Wochen wieder
beruhigt hatte, bereitete ich meinen nächsten
Diebstahl vor. Nun wollte ich es Kaldos zeigen
und ihn zum Narren halten. So schrieb ich einen
Brief, indem ich mich als einen alten Freund
beschrieb, der nur das sich wiederholen wolle,
was ihm ohnehin gehöre. Ich hoffte, daß ihm
der Brief einige Rätsel aufgeben würde, denn
als Geldverleiher hatte er schon viele Menschen
betrogen, wie auch die Dienerschaft Domaldros.
Wieder stieg ich durch die Bodenluke in das
Arbeitszimmer, war aber enttäuscht, nur einige
Kupferstücke zu finden. Kaldos war wohl
vorsichtig geworden, so daß ich aufgrund
der geringen Ausbeute meines Raubes gezwungen
war, irgendwann wiederzukommen, um mir den
Rest an Gold zu holen. Doch bevor ich den
Rückweg antrat legte ich den Brief gut sichtbar
auf den Tisch und täuschte eine Spur zur Tür
vor. Dann verschwand ich wieder.
Einige Tage später hörte ich, daß Kaldos erneut
außer sich war,diesmal aber keinen aus seiner
Dienerschaft entlassen hatte, da er nun glaubte,
ein alter Feind wolle ihm sein Geld stehlen.
Ich blieb ruhig und lachte im Stillen über den
Geldverleiher. Ich wartete ein gutes halbes
Jahr, denn ich wollte ihn in Sicherheit wiegen,
daß der Dieb nicht mehr kommen würde. Auch hörte
ich, wenn ich durch die Stadt ging und an seinem
Haus vorbeikam, im Park Hund bellen. Ein weiterer
Grund, weshalb ich wartete, war auch der neue Herr,
dem ich nun diente. Er stellte hohe Anforderungen
an mich und ich war den ganzen langen Tag damit
beschäftigt, ihm alles recht zu machen, so daß ich
keine Zeit fand, einen neuen Raub vorzubereiten.
Nach etwas mehr als einem halben Jahr schlug ich
dann wieder zu. Ich hoffte, daß dies das letzte
Mal sein würde, und so war es auch.
Die Nacht war dunkel, der Mond von Wolken verdeckt.
Ich schlich mich durch den Geheimgang und betätigte
den Hebel unter der Tür zum Arbeitszimmer. In dieser
Nacht war ich besonders vorsichtig, ich wollte nicht
die Aufmerksamkeit der Hunde erregen, die ich draußen
im Park herumlungern hörte. Auf leisen Sohlen schlich
ich durch das Zimmer.
Da stolperte ich über ein dünnes Band, das zwischen
zwei Stühlen hindurchlief, und fiel mit einem Poltern,
das mir furchtbar laut erschien, zu Boden. Ich be-
fürchtete schon eine Alarmglocke ausgelöst zu haben,
doch nichts geschah. Nachdem ich reglos und mit
klopfendem Herzen einige Minuten gewartet hatte,
raffte ich mich auf und ging so leise ich konnte
zum Schreibtisch. Zu meiner großen Freude fand
ich in einer Schublade ein prallgefülltes Gold-
säckchen vor.
Da Kaldos' Schulden nicht mehr allzuhoch waren,
öffnete ich das Säckchen und begann, den restlichen
Betrag abzuzählen. Es blieben noch dreizehn Gold-
stücke übrig, die ich in das Säckchen zurücktun
wollte, als es mir aus der Hand glitt und die Gold-
stücke klimpernd herunterfielen, ausgerechnet in
ein metallenes Schälchen hinein.
Sofort stürtzten von draußen die Hund ans Fenster
und kläfften wie wild. Nun war ich wirklich verloren.
Schnell schlich ich zurück zum Geheimgang, doch da
hörte ich schon Stimmen auf dem Flur. Es war zu
spät - dachte ich.
Ich hatte erwartet, daß die Diener vor der Tür
diese öffnen und mich so entdecken würden, doch
stattdessen hörte ich Kaldos' laute Stimme über
den Flur schallen: " Seht zu, daß Ihr von der
Tür wegkommt! Der Dieb muß im Garten sein! Sputet
Euch gefälligst, sonst entkommt er noch über die
Mauer. "
Die Stimme der Diener verschwanden, nur Kaldos
hörte ich noch vor der Tür, wie er zu sich sagte:
" Hier kann er nicht durchkommen, es wäre sein
sicherer Tod. "
Mir lief es kalt über den Rücken, als er dies
sagte. Was hatte er getan, um diesen Raum gegen
mein Eindringen zu sichern? Kannte er etwa schon
den unterirdischen Gang und hatte ihn mit einer
Falle versehen? Ich hoffte, er würde noch mehr
sagen, doch Kaldos verließ den Flur und begab sich
in den Garten, um nach seinen Dienern zu sehen
und wohl auch in der Hoffnung, mich, den Dieb,
gefangenzunehmen.
Ich wagte es nicht, das Licht meiner Laterne
erneut zu entzünden, hätte ihr Schein durch das
Fenster doch vielleicht die Aufmerksamkeit eines
Dieners erregt, der auf der Suche nach mir durch
den Park streifte.
So verhielt ich mich gut zwei Stunden lang ruhig,
wobei mir der Schweiß den Nacken hinunterlief.
Nachdem ich diese endlosen zwei Stunden so ohne
Bewegung verbracht hatte, fühlte ich mich sicher,
denn die Diener waren wieder zu Bett gegangen
und auch die Hunde hatten sich beruhigt.
Vorsichtig entzündete ich meine Lampe und suchte
die Goldstücke zusammen, die mir hinuntergefallen
waren. Schließlich bin ich ein ordentlicher Mensch.
Dann stieg ich durch die Bodentür in den Geheimgang
hinunter und verschloß die Klappe. Mir schlug das
Herz bis zum Halse, denn wenn Kaldos den Gang
entdeckt hatte, dann war sicherlich eine Falle
darin eingebaut. Warum sollte er sich auch sonst
so sicher sein, daß niemand sein Arbeitszimmer
betreten könne? Doch nichts geschah und ich
konnte nirgends verdächtige Anzeichen feststellen.
So war ich erleichtert, als ich wieder draußen,
außerhalb der Parkmauer und in Sicherheit war.
Ich schwor, daß dies mein letzter Raub für immer
gewesen sei. Doch noch wußte ich nicht, was ich
angerichtet hatte, als ich die dünne Schnur am
Boden des Arbeitszimmers zerriß.
Zwei Tage später erfuhr ich, was am darauffolgenden
Morgen in Kaldos Haus geschehen war. Kaldos war
recht früh aufgestanden. Er war mürrisch und
schlecht gelaunt, weil man mich nicht gefaßt hatte.
Den veschlafenen Dienern befahl er, den Park erneut
nach Spuren abzusuchen, doch sie fanden nur ihre
eigenen, sehr zahlreichen Spuren von der letzten
Nacht vor. So besserte sich Kaldos Laune nicht
gerade. Nach dem Frühstück schlurfte er dann in
sein Arbeitszimmer.
Wie man später vermutete, mußte er sich vor der
Tür wohl gebückt haben, um an einer dünnen Leine
zu ziehen. Dies war die Sicherheitsleine einer
Falle, die er mit der Tür verbunden hatte. In
seiner schlechten Laune bemerkte er wohl nicht,
daß die Leine sich leichter ziehen ließ als sonst,
da ich sie ja in der Nacht zuvor zerrissen hatte.
Er hakte die Leine in einer kleinen Öse ein und
öffnete die Tür. Es war das letzte, was er in
seinem Leben tat.
Aus der Ecke flogen ihm drei Armbrustbolzen
entgegen und durchbohrten ihn. So wurde Kaldos
seine eigene Falle, die er nach meinem zweiten
Raub eingebaut hatte, zum Verhängnis.
Ich habe nie gewollt, daß es so kam, und ich
schwöre, daß ich in der Nacht, als ich die Leine
zerriß, nichts von der Falle ahnte.
Nach Kaldos' Tod verließ ich meinen Herren voller
Schuldgefühle, legte mir einen neuen Namen zu und
bezahlte die anderen, die von Kaldos betrogen worden
waren. Doch meinen Namen gebe ich nicht preis, es
könnte meinen Tod bedeuten.
(von einem, der ungenannt
bleiben will)
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